5 Fragen an Dani Becker: Über Tabus, Widerstand und Feminismus

Dass Stillen politisch ist, werde ich ja nicht müde zu erwähnen. Auch in meinen Beratungen oder in meiner Aufklärungsarbeit an Schulen erlebe ich immer noch Tabus und Berührungsängste. Stillen hat keine Lobby. Es verschwindet oft hinter geschlossenen Türen. Um so wichtiger ist es mir, Stillen und alles was dazu gehört, sichtbarer zu machen. Also sollten auch Brüste in mein neues Logo…

Dani Becker – es war Liebe auf den ersten Blick bei mir. Dieses “anonyme” Internet hat mich zu ihr geführt. Die wunderbare Hebamme Jana Friedrich hat nämlich wunderschöne Illustrationen bei Dani für ihre Handouts und Materialien anfertigen lassen. Dann sah ich sie auch noch bei Anja Sippel, der Beckenbodenexpertin schlecht hin, die auch schon hier zu Gast war. Also fasste ich mir ein Herz und fragte Dani ganz offiziell nach einem Angebot, denn ich wollte ein neues Logo.

Ich liebe Danis Brüste.

Zwei Schwangerschaften (ihre zweite, meine vierte), zwei Geburten, zwei Wochenbetten, viele Mails und drölfzig Entwürfe später, war und bin ich sehr sehr glücklich! Dani hat nicht nur mein Logo kreiert, sie hat mir viele Gestaltungselemente gezeichnet und ganz viele Brüste. Du findest sie auf all meinen Materialien. Also war es für mich nur logisch, auch Dani 5 Fragen zu stellen:

Wieviele Brüste hast du schon Illustriert?

Ich glaub es sind weniger als man meinen könnte. Vielleicht 200 wenn ich einzelne Brüste und die Brüste an Illustrationen mit ganzen Frauen mit zähle 😀 aber ich weis es wirklich nicht. Aber ich kenne die exakt genaue Zahl von Vulven die ich bisher gemalt habe und das waren genau 117! Jede ein Unikat und jetzt im Besitz einer lieben Frau. 

Warum immer Brüste und Vulven?

Unabhängig davon, dass einfach meine Kundinnen – meine Zielgruppe – Brüste und Vulven wollen und oft auch für ihre Arbeit brauchen, sind sie für mich Zeichen des Widerstands, Zeichen des Aufbegehrens, Tabubrecher und Zeichen des Feminismus!  Auch wenn es pathetisch klingt. Aber Weiblichkeit, Nacktheit werden seit jeher in der Geschichte unterdrückt, zensiert und missbraucht! 

Ich zeichne Brüste, damit sich das Auge dran gewöhnt und keine Frau mehr dumm angemacht wird, weil sie in der Öffentlichkeit stillt! 

Ebenso ist Vulven zu malen ein Statement für mich, ein feministisches Symbol für Flinta, weiblich gelesen Personen, Männer, binär, nonbinär, Menschen eben. Menschen denen es wichtig ist echt zu sein, tolerant und die Grenzen anderer zu wahren. Für mich ist eine Vulva nicht einfach nur eine Vulva. Sie ist eine Lebenseinstellung. Es gibt sie in allen Ausführungen! Es gibt cisgeschlechtliche Vulven, es gibt wunderschöne Transgendervulven, oder  man hat oder möchte keine, finde sie aber trotzdem dufte. Es gibt große, kleine, schiefe, schmale…alles.

Vielfalt zeigen, Wertschätzung leben.

Mir ist es wichtig, dass zum Beispiel meine Kinder diese Vielfalt kennen und sie respektieren, weil daraus auch Respekt für den Menschen erwächst, Wertschätzung sich selbst und seinem Körper gegenüber und den Körpern der anderen. Weil aus diesem Respekt auch die Fähigkeit erwächst, die Grenzen anderer zu wahren! Niemanden zu berühren, wenn es nicht erwünscht ist, keine übergriffigen Fragen zu stellen…all das verbinde ich mit dem Symbol der Vulva!

Visualisierung von Diversität.

Meine Vulven sind feministisch und politisch. Solange in der  Schule von Schamlippen die Rede ist, male ich Vulven, solange die Abbildung einer Vulva als eklig empfunden  wird, male ich Vulven, wenn die Darstellung einer Vulva als mutig empfunden wird, male ich sie auch, denn es ist nicht mutig sondern einfach NORMAL! Solange sich unsere Gesellschaft in Geschlechternormierungen ergeht, alles in zwei Lager, am liebsten aber ein männliches, aufteilt, ergehe ich mich in der Visualisierung von Diversität und male Vulven.

Ich glaube es ist verständlich auf was ich hinaus will.

Hier zu Hause brauche ich keine mehr zu malen, denn mein dreijähriger Sohn kennt sie, weiss wie man sie nennt und sie respektvoll behandelt. Ich hoffe er behält sich das bei. Meine Tochter sowieso.

Ist Stillen für Dich politisch und wenn ja warum?

Ich bin selber „Langzeitstillerin“ und ich stehe dazu und ich habe kein Problem, wenn mir jemand dazu fragen stellt und ich kann mich verteidigen, wenn mich jemand dumm anmacht. Aber das können nicht alle Frauen. Es ist nicht sicher in unserer Gesellschaft zu stillen, weder zu lang und erst recht nicht öffentlich. Das führt dazu , dass vor allem „Erstlingsmütter“ frühzeitig abstillen, oder gar nicht erst anfangen, obwohl sie vielleicht eigentlich wollten. 

Eine Umfrage des Babyartikelherstellers „MAM“ aus dem Jahr 2022 unter 1.900 Müttern in Deutschland, Österreich und der Schweiz ergab, dass über 67 Prozent der befragten Frauen negative Erfahrungen mit Stillen in der Öffentlichkeit gemacht haben und 39 Prozent ist es unangenehm. 

In Deutschland darf der Wirt/Besitzer eines Restaurants sein Hausrecht ausüben und eine Stillende Mutter hinauskomplimentieren, wenn ihm das Stillen nicht passt. Deshalb hat NRWs Familienministerin Paul bereits 2022 gefordert das Antidiskriminierungsgesetz zu erweitern und dort das Stillen als Rechtsanspruch zu verankern. Bisher ist das leider noch nicht geschehen.

Stillen ist politisch.

Eigentlich finde ich es traurig , dass es überhaupt eine gesetzliche Regelung braucht. Das Problem ist viel mehr, dass das Unsichtbar machen des Stillens (vor allem auch von älteren Kindern) der Grund dafür ist, warum Diskriminierung und Unverständnis zunehmen. Für junge Menschen ist Stillen nicht Teil ihres Lebens. Sie sehen es nicht, sie haben keine Vorbilder. 

In einem Interview sagte Barbara Blomeier, Vorsitzende des Hebammenverbandes NRW ziemlich on point: „Wenn es in unserer Gesellschaft das Normalste von der Welt wäre, dann würde sich kein Mensch darüber aufregen, weil man es in seinem gesamten Umfeld dauernd sieht und kennt. Dann wäre es wirklich so normal, als wenn ich im Restaurant sitze und mit dem Löffel meine Suppe esse.“

Und deswegen ist stillen politisch! Solange es nicht wie Suppe essen ist 😉 

Nicht verrückt, einfach normal.

Was war Dein verrücktester Stillmoment?

Oh da gibt es so viele ehrlich gesagt. Ich stille jetzt seit 7 Jahren (mit ein paar Jahren Pause).

Zum Beispiel meine Oma, die 10 Tage nach Geburt meines Kindes meinte, ich solle doch eine Flasche mit Haferschleim geben. Die als ich mein erstes Kind mit über einem Jahr noch gestillt habe, schockiert war und als sie erfuhr, dass ich mein zweites dreijähriges Kind immer noch ab und zu stille, fast in Ohnmacht gefallen wäre. 

Ich habe schon in und vor verschiednen Fussballstadien gestillt und auf einem Strandkonzert mit 50000 Menschen. Ich find das alles nicht verrückt, sondern einfach normal 😉 

Was möchtest Du jedem stillenden Menschen sagen?

Erstmal möchte ich sagen, dass wir frei sind in unserer Herzensentscheidung. Wir können stillen, müssen aber nicht! Kein Mensch muss sich Vorwürfe machen, wenn das Stillen aus welchen Gründen auch immer nicht klappt. Ich habe Freundinnen daran zerbrechen sehen, dass sie sich Vorwürfe machten ihr Kind nicht ernähren zu können. Das bricht mir das Herz. Deshalb: auch nicht stillen ist total ok! 

Und stillen ist auch total super. Kurz, lang, länger, alles. 

Also – that being said – würde ich jeder stillenden Person sagen, sie möge einfach bei sich und ihrem Kind sein. Auf ihre Intuition hören und niemals niemals auf das was von außen kommt. Ich würde jeder stillenden Person Mut zusprechen so lange zu stillen wie sie will und wo sie will. Und ich würde dieser Person eine Fuck You Attitude schenken, die sie vor sämtlichen öffentlichen Blicken oder negativen Kommentaren schützt, weil diese sie nicht berühren. 

Stillen ist ein Geschenk. Es ist nicht nur Nahrung, es ist die unmittelbarste Form von Nähe und Liebe. 

Weiterführende Links

Erst mal Tausend Dank liebste Dani für Deine Gedanken und Antworten, die Du mit uns geteilt hast! Egal ob Brüste oder Vulven, wenn Du auch mal ein echtes Kunstwerk von Dani an der Wand haben möchtest, schau unbedingt auf ihrem Instagram Kanal vorbei, dort erfährst Du als erste, wenn es Neues gibt.

Wenn Du mehr darüber lesen möchtest, empfehle ich die Lektüre von “Warum Stillen politisch ist” von Gabrielle Palmer.

Möchtest Du Dich über das Stillen informieren, schau doch mal in meinen Stillvorbereitungskurs OBENRUM FREI rein.

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