Stillwissen: zu viel Milch – Ursachen, Symptome & Hilfe

Stillwissen Zu viel Milch

„Sei doch froh, dass Du so viel Milch hast!“ hören Stillende, wenn sie zu viel Milch haben. Dabei ist das nicht immer ein schöner Zustand, über den man sich freuen kann. Die Stillbeziehung kann darunter sehr leiden, die Babies können leiden und die Stillenden selbst eben auch. Viele Frauen stillen ab, wenn die Symptome zu stark werden. 

Ich zeige hier die Ursachen für solch eine Überproduktion auf, welche Symptome auftreten können und was Du tun kannst. Natürlich wie immer mit vielen Zusatzinfos und Links. 

Laut ABM (Academy of Breastfeeding Medicine) Protokoll werden drei Ursachen unterschieden: 

Selbst verursacht: Die Stillende hat häufig zusätzlich abgepumpt, die Brust wurde somit doppelt stimuliert. Manchmal ist es eher die Befürchtung zu wenig Milch zu haben und dann wird zu sehr angeregt. Ein Überangebot entsteht. 

Durch Fachkräfte verursacht: Wenn medizinisches Fachpersonal dazu rät abzupumpen, um die Milchmenge zu steigern. In manchen Situationen ist das sinnvoll, z.B. bei Frühgeborenen, wenn Mutter und Kind getrennt sind, das Kind noch nicht selbstständig trinken kann. Hierbei wird mehr produziert, als abgefragt werden kann. Ist die Trennung vorbei, kann das Baby nun selbst trinken, sollte das Stillmanagement überprüft und begleitet werden bis sich die Milchmenge eingependelt hat. 

Unbekannte Ursache: Manchmal ist es keins von beidem und wir werden nie erfahren, was es ist. Wenn auch die Einnahme von Medikamenten, die die Milch steigern, ausgeschlossen ist, kann durch u.a. Blockstillen (siehe unten) geholfen werden. 

Hyperlaktation oder Hypergalaktie wird diese Überproduktion in der Fachsprache genannt. Es kann sowohl bei der Stillenden als auch beim Baby zu Schwierigkeiten kommen. 
Typische Symptome sind z.B.:

Beim Baby: 

  • Unruhe, zappelig, häufiges An-Abdocken 
  • Ablehnung, anschreien der Brust
  • Beißen, kneifen beim Stillen, weil es ihnen zu viel ist 
  • übermäßiges Schmatzen oder Schnalzen
  • die Milch läuft ihnen quasi aus dem Mund heraus  
  • viel Luft, viel Pups, viel Aufstoßen müssen
  • Grünlicher, schaumiger Stuhl 
  • Spucken mehr als üblich 
  • Verschlucken, husten, „prusten“
  • Nehmen erst  normal oder gar viel zu, später nimmt die Zunahme, stagniert

Bei der Stillenden: 

  • Häufige Milchstaus, auch bis zur Entzündung (Mastitis)
  • Schmerzen beim Stillen
  • Andauerndes Auslaufen der Brüste 
  • Unruhige Nächte, weil Brüste schmerzen, „voll“ sind, auslaufen 
  • Das Baby beißt oder zieht an der Brust, wodurch die Mamillen wund werden

Und wer nun an kleine wohlgenährte „Buddha-Babies“ denkt, auch das Gegenteil kann der Fall sein: Wenn das Baby die übervolle Brust nicht gut fassen & leeren kann, der Milchspendereflex evtl. so stark ist, dass es sich dauernd verschluckt, usw. kann es auch zu einer langsamen/ gestörten Gewichtszunahme kommen. 

Auch doof: Oft wird das Weinen und unruhige Verhalten an der Brust falsch gedeutet als zu wenig Milch. Die Milchproduktion wird dann zusätzlich angeregt und ein Teufelskreis beginnt. 

Verständlich, dass viele Stillende in dieser Situationen abstillen. Es ist sowohl körperlich als auch mental eine belastende Situation, die unbedingt professionelle Hilfe benötigt. 

Was Du tun kannst

  • Hilfe organisieren
  • Nur eine Brust pro Mahlzeit anbieten
  • Laid back, also zurück gelehnt oder auf der Seite liegend stillen 
  • Den ersten „Druck“ durch Handentleerung nehmen 
  • Blockstillen (lass Dir das von einer Stillberaterin erklären und Dich dabei begleiten!)

In sehr seltenen Fällen können auch Medikamente eingesetzt werden, wenn alle anderen Maßnahmen nichts bringen und das Still-Paar weiterhin unter den Symptomen leidet. Hierzu verweise ich immer an die Gynäkologie, da ich keine medizinische Beratung und Behandlung anbieten kann.

Oft wird zu Salbei- oder Pfefferminztee geraten, weil ihnen eine abstillende Wirkung nachgesagt wird. Es gibt dazu keine Evidenz. Ich habe schon so viele Frauen begleitet, dass ich mit Sicherheit sagen kann: die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Die einen können Salbei- und Pfefferminztee trinken bis sie umfallen und es passiert nichts. Andere wiederum erzielen mit einer halben Tasse schon eine Wirkung. 

Wenn Du diese Tees generell gut verträgst (denn auch diese Arzneitees können Nebenwirkungen haben), kannst Du gerne mal eine halbe Tasse probieren und schaust einfach was passiert. 

Funfact: in vielen nordafrikanischen Ländern wird viel Pfefferminztee getrunken. Das wäre schon komisch, wenn die Frauen dort auf Grund des Tees alle keine Milch produzieren könnten. 

Wenn Du zu viel Milch produzierst, Du und Dein Baby darunter leiden, scheue Dich nicht Hilfe & Beratung anzufragen. Gemeinsam können wir schauen, was genau helfen kann und wie wir das Stillmanagement in „normale“ Bahnen lenken können. 

Blockstillen

In der Literatur oder auch im Internet wird meist empfohlen zunächst eine Stillpause von 3 Stunden an einer Brust einzulegen und dann nach und nach auf 4, 5, 6, Stunden usw. auszudehnen. Die Idee dahinter ist: die pausierende Brust bekommt durch das nicht-Anlegen mitgeteilt: „Mach nichts, ich habe noch genug.“ Die Milchproduktion macht also Pause. 

Ich gebe keine konkrete Zeitangabe vor. Das hat zwei Gründe: Erstens bin ich nicht 24/7 bei der Stillenden und kann nicht beurteilen, ob 3 (oder mehr) Stunden sinnvoll sind. Vielleicht ist auch das schon zu viel. Denn es besteht natürlich die Gefahr, dass sich die Milch staut und es zu weiteren Symptomen kommen kann. Das wollen wir auf jeden Fall vermeiden. 

Meine Empfehlung ist eher, so lange Pause zu machen, wie es sich gut anfühlt. Spannt die Brust, fühlt sie sich prall und hart an, kann durch die Entleerung per Hand Erleichterung geschaffen werden. Wenn das nicht mehr ausreicht, soll das Kind den Job übernehmen und an der Brust trinken. Dann macht die andere Seite die Pause. Wie lang die jeweilige Pause ist, kann am Anfang sehr variieren. Auch nachts oder in längeren Schlafphasen würde ich dann individuell schauen, was machbar ist. Die Idee ist dann, die pausierende Brust immer länger warten zu lassen, damit die Milchproduktion sinkt. In der Regel kann man schon nach 24-48 Stunden eine Besserung erkennen. 

Zusätzlich zum Blockstillen, kann die Brust mit der Pumpe vollständig entleert werden. Dazu wird die Brust, die nun mit stillen an der Reihe ist, einmal leer gepumpt, bevor sie ganz normal dem Kind angeboten wird. So kann das Baby in Ruhe trinken ohne von der Milch überwältigt zu werden. Wird die Brust gewechselt, wird auch die andere Seite zuerst leer gepumpt. 

Das Blockstillen sollte immer von einer Fachkraft, die sich damit auskennt, begleitet werden. Bei mir sieht das z.B. so aus, dass wir nach einer ausführlichen Anamnese und Beratung in die Begleitung übergehen. Ich biete für 14 Tage einen Support via Messenger oder Mail an. So können wir ganz individuell auf die Situation reagieren, bei einem beginnenden Milchstau gleich eingreifen, Fragen können direkt gestellt und schnell beantwortet werden. 

Anamnese

Du bist Dir vielleicht unsicher, ob Du zu viel Milch hast und ob es Sinn macht, nach dem Stillmanagement zu schauen? Dann habe ich hier die Checkliste von Barbara Kämmerer zur Hypergalaktie für Dich – Je mehr Kreuze in der linken Spalte gesetzt werden können, desto wahrscheinlicher ist es, dass eine Hypergalaktie und/ oder ein sehr starker Milchspendereflex vorliegt. 

Wenn Du Dir unsicher bist oder generell gerne eine Beratung suchst, melde Dich gerne bei mir.