Stillgeschichte Ariane: Schlechte Nächte – Abstillen als Allheilmittel?

Abstillen als Allheilmittel

Mein Name ist Ariane und ich habe bereits einen 4 jährigen Sohn. Die Stillbeziehung mit ihm war am Anfang super holprig aber nach vier Monaten hat es geflutscht und war dann sehr unkompliziert und auch das abstillen war eigentlich ganz intuitiv. (Aber das kann ich gerne in einer anderen Geschichte erzählen.) 

Der Stillstart

Bei meinem zweiten Sohn hatte ich Bedenken bezüglich des Stillstarts, war aber zuversichtlich das es schon werden würde, immerhin hatte ich bereits ein Kind 10 Monate gestillt. Als mein zweiter Sohn bereits wenige Stunden nach seiner Geburt selbstständig die Brust fand und sich wie eine Seepocke an ein Schiff heftete und trank war ich überrascht. Ok so kann es also auch funktionieren. Stillstart geglückt! 

Im Krankenhaus wurden wir darauf hin auch von allen Schwestern bezüglich stillen in Ruhe gelassen. Es klappte auch wirklich super. Alle paar Stunden wurde er wach, dockte an und trank. Zuhause hatte ich dann den Milcheinschuss in der Deluxe Version. Eines morgens wachte ich auf und dachte „das hab ich aber so nicht bestellt!“ Heiss, prall, stramm. Gut bei meinem ersten Kind hatte ich das so nicht, aber gut zu wissen das sie funktionieren und die Milch-Fabrik läuft. Ein paar Kohlblätter und anlegen hat dann alles reguliert. 

Die ersten Wochen ging es also so weiter. Stillen alle 1-3 Stunden, auch nachts, in allen möglichen Positionen um die Brust von allen Seiten zu betrinken. Ich war ja schon geübt. Also was sollte jetzt noch schief gehen?! 

Stillen nach 6 Monaten

Als mein Sohn auch mit sechs Monaten noch immer eine sehr hohes Stillpensum hatte, riet mir meine Hebamme ihn weniger häufig anzulegen, er war ein sehr properes Kerlchen und sie meinte er würde schon nicht verhungern und er wäre jetzt in einem Alter in dem er auch mal ein paar Stunden ohne Milch zurecht käme. Ich hatte mich bei meinen ersten Sohn noch mehr nach der Uhr gestillt mich aber bei meinem zweiten Kind entschlossen nach Bedarf zu stillen. Und jetzt doch zurück zu ‚nach der Uhr‘? Wie sollte ich das anstellen? 

Mein Sohn brauchte die Brust, nicht nur zum Nahrung aufnehmen sondern er beruhigte sich auch darüber. Er nahm keinen Schnuller, Schnuffeltuch oder Schlummerotter oder sonst irgendetwas zur Beruhigung. Aber nach 6 Monaten wenig Schlaf bzw. vielen Unterbrechungen in der Nacht wäre ich dankbar gewesen wenn er mal mehr Stunden ohne meine Brust schaffen würde.

Start in die Beikost

Wir starteten mit der Beikost im siebten Monat und legten da sehr viel Hoffnung rein, immerhin hatte es beim ersten super geklappt. Sagen wir so, Brei war so gar nicht sein Ding. Fremdgefüttert werden fand er so richtig doof. Und wenn ich rückblickend ehrlich bin, war er auch noch nicht so weit. Er konnte nicht wirklich gut sitzen. Und auch motorisch war er einfach noch nicht so weit. Das fiel dann auf, als wir dachten, ok wenn Brei nicht sein Ding ist, probieren wir BLW. Schwierig mit einem Kind was eigentlich nie nach etwas greift. Ich war maximal verzweifelt. Wie sollte ich das stillen reduzieren wenn nichts anderes in dieses Kind rein ging bzw drin blieb. 

Ich war so irritiert, dass ich bei Ramona den Kurs ‚von der Brust zur Bratwurst‘ gebucht habe. Ramona beruhigte mich und ein Satz blieb mir so sehr im Gedächtnis: „ es heißt BEIkost und nicht ERSATZkost!“ wenn er hauptsächlich noch stillt und sich eben langsam ans Essen gewöhnt, dann ist das so. Das hat mir ganz viel Druck genommen. Also stillte ich einfach weiter und konnte mir ja so auch sicher sein, dass er mit allem wichtigen versorgt ist. Und ganz entspannt das Essen LERNEN darf.

Aber die Nächte…

Soweit so gut. Nochmal fast ein halbes Jahr weiter aß er mittlerweile ganz ok. Hauptsächlich verbackte ich Obst und Gemüse in Waffeln oder Pfannkuchen, weil das gut funktionierte. Aber die Nächte…. Ich kroch auf dem Zahnfleisch. Alle möglichen Tipps wie „gib ihm doch nachts nur noch Wasser, renn doch nicht immer sofort hin, Tagschläfchen reduzieren, Schnuller? Komplett abstillen?“ Waren keine Option oder hatten nicht funktioniert. Wollte ich ihm auf Zwang das nächtliche Stillen abgewöhnen bekam hier keiner mehr Schlaf. Ihn ohne Brust wieder in den Schlaf bekommen war schier unmöglich. 

Also stillte ich nachts weiter alle 1-3 Stunden, zwischendurch wachte noch der Große auf, also wanderte ich des Nächtens von Bett zu Bett. Am Tag war es mittlerweile schon weniger geworden. Bei der nächsten U-Untersuchung überwies uns die Ärztin an die Schreiambulanz. Denn auch sie merkte das ich auf dem Zahnfleisch ging. Gab ich bei der Ärztin auch zu, dass mir der kleine schon aus dem Bett gefallen war, weil ich dann doch beim Stillen eingeschlafen war und dann war’s passiert. Allen (bis auf meinem Sohn) war klar, so ging es nicht weiter. Long Story Short: Tipps aus der Schreiambulanz waren immer wieder essen anreichen über Tag. Und nachts das Einschlafstillen weglassen und die Verantwortung des Weiterschlafens an den Vater abgeben. Mein Sohn verbinde immer das Schlafen mit dem Stillen und wenn er wach wird und die Brust vermisst braucht er diese auch wieder zum weiterschlafen. Ja, klingt ja logisch. 

Papa übernimmt

Irgendwie haben wir es dann geschafft vom Stillen nachts weg zukommen und boten ihm wirklich nur Wasser an. Also mein Mann bot Wasser an, das akzeptierte er von ihm auch, unser Sohn ist ja nicht doof, der weiß ja das Papa eh keine Milch hat. Ging ich hin, schmiss er mir den Becher ins Gesicht. Also stand mein Mann nun nachts mehrmals auf, gab ihm Wasser und legte ihn wieder hin. Das klappte oft. Aber irgendwie konnte das ja auch nicht die endgültige Lösung sein. Zu diesem Zeitpunkt war mein „Baby“ 1 Jahr und fast zwei Monate alt. Er aß tagsüber gut, wurde vor dem schlafengehen noch einmal gestillt, das genossen wir auch, immerhin war es ein schöner Tagesabschluss. 

Doch abstillen?

Von überall hörte man „also mein Kind schlief plötzlich durch, nachdem ich abgestillt hatte“ ich kaute so lange darauf herum. Ich wusste das es keine Garantie gibt, aber warum sollte ausgerechnet mein Baby das eine von 100ten sein bei dem das nicht klappt?! Als ich dann eines Nachmittags wieder von einer entfernten Bekannten hörte, dass ihre Nächte auch ewig schlecht waren, aber nach dem Abstillen alles besser wurde, überlegte ich es zu tun. Also nahm ich meinen Kleinen vor dem Schlafengehen nur auf den Schoß und wir kuschelten. Ich dachte, er würde sofort suchen und quengeln, aber dem war nicht so. Cool, dachte ich noch. Dann zeigte er aufs Bücherregal. Ich rief meinen Mann, verabschiedet mich, wünschte ihm eine gute Nacht und ging aus dem Zimmer. Sollte es so einfach sein? Tatsächlich ja. Er schien das Stillen nicht zu vermissen.

Schlechte Nächte – Abstillen als Allheilmittel?

Wurden die Nächte besser? Was glaubt ihr? Auf drei… eins, zwei, nein. Natürlich nicht! Und jetzt zum Punkt der mich so traurig macht. Fünf Tage nach dem mir klar wurde, dass auch Abstillen bei uns nicht den gewünschten Erfolg bringt, weinte ich mich in den Schlaf. Ich hatte nichts gewonnen, aber das Stillen verloren, ich hatte den Stimmen der Gesellschaft nachgegeben und unser Abendritual abgeschafft. Ich bin die eine von gefühlt 100ten Frauen, bei der Abstillen nicht geholfen hat. Und hätte ich das gewusst, hätte ich es nicht aufgegeben, denn Fakt ist, ich liebe es mein Baby zu stillen, ich liebe die Nähe, die Verbundenheit, die Wärme, die ruhige Zeit. Ich bin wütend auf mich selber, auf wen auch sonst, ich hab diese Entscheidung ja getroffen, für uns beide. Ich trauere dieser Nähe nach. Für manche mag das unverständlich sein. Habe ich doch mit dem Abstillen neue „Freiheit“ erlangt. Aber ich fühle mich einfach als hätte ich mich und mein Baby verraten. Unsere besondere Verbindung verkauft für eine Mogelpackung.

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