Mich erreichte über Instagram folgende Nachricht zum Thema Schwermetalle in Muttermilch:
„Liebe Ramona, ich war gerade mit meinem Sohn (21 Monate) bei einer Kinderärztin (ein etwas älterer Jahrgang) in einer Bereitschaftspraxis – eigentlich wegen eines ganz anderen Themas. Und plötzlich ging es auch ums Stillen und die Dame hat mich mit einer Aussage sehr irritiert und da musste ich sofort an Dich denken. Mein erster Satz beim Verlassen der Praxis an meinen Mann war: das muss ich jetzt direkt mal Ramona schreiben. Ich stille meinen Sohn noch nach Bedarf und auch noch recht viel. Die Dame meinte, dass er ja jetzt schon recht groß ist und er nur noch an meine Fette geht und sich dort Schwermetalle befinden. Sie würde daher dringend zum Abstillen raten!!! Davon habe ich noch nie gehört…stimmt das denn wirklich? Oder ist das ein neuer/alter seltsamer Still-Mythos?“
Mein erster Gedanke war: „Ach Schwermetalle – das ist so 90er. Sprechen wir doch lieber über Mikroplastik.“
Zweiter Gedanke: Das wird ein Beitrag zum Mythenmittwoch! Also habe ich alles noch mal gewissenhaft recherchiert und präsentiere hier mein Fazit.
Gute und schlechte Nachricht
Ich hab ne gute und ne schlechte Nachricht. Erst die schlechte: Was u.a. schon alles in Muttermilch gefunden wurde:
(Wer mehr zu den einzelnen Stoffen wissen möchte, klickt einfach auf drauf, ich habe Euch was zusammen gesucht aus vertrauenswürdigen Quellen.)
Mikroplastik
Schwermetall
Dioxine (hochgiftige Verbindungen)
PBDE (Flammschutzmittel)
PFAS (Industriechemikalien)
Pestizide (Pflanzenschutzmittel)
PCB (Synthetische Stoffgemische)
So wem ist schon schlecht? Mir allein schon wegen all der chemischen Formeln und Studien, die ich für Euch lesen und entschlüsseln durfte. (Alle Quellen und Studien am Ende des Artikels für Euch!)
Zwei Gedanken
Kurz zwei Gedanken, bevor Du nun sofort ans Abstillen denkst:
💡Seit 1969 wird in Deutschland Muttermilch systematisch untersucht. Viele Stoffe sind rückläufig zu finden. Heißt: Sie wurden über die Jahre als schädlich erkannt, eingeschränkt oder verboten. PCB und Dioxine haben z.B. einen Rückgang von 50-80%!
💡Es gibt immer feinere Technik, bessere Labore, um noch mehr zu finden. Es wird also immer was gefunden werden, weil mehr und besser gesucht wird. Und – weil es immer neue Stoffe gibt, die gefunden werden können. Über Mikroplastik hat man sich vor 100 Jahren eben noch keine Gedanken machen müssen.
💡Wir finden diese Stoffe überall – nicht nur in Muttermilch. Wer also zum Abstillen rät, um dann Formula Nahrung zu füttern, macht es nicht „besser“. Auch unsere Lebensmittel sind alle irgendwie belastet.
Die gute Nachricht
Muttermilch ist und bleibt die Number one! Denn…
💡Auch in Formula Nahrung finden wir solche Rückstände, da ALLES belastet ist (nicht nur wir stillenden Mütter, gell). Formula wird z.B. aus Kuhmilch hergestellt. Kühe fressen Gras, Gras wächst in der Erde, … (ich höre Mufasa in meinem Kopf…)Auch unsere Lebensmittel sind belastet. Mikroplastik gelangt über Hygieneprodukte und Kleidung in unseren Kreislauf, usw. Niemand kann sich komplett frei machen von all dem. Leider.
💡Wenn ich mit einer Plastikflasche füttere, lösen sich auch Mikropartikel. Es wird schon seit längerem z.B. Glas als Alternative empfohlen. Wenn Plastikflaschen, wird in Deutschland das Sterilisieren nicht mehr empfohlen. Das Spülen in der Spülmaschine reicht aus, da bei höheren Temperaturen das Plastik angegriffen wird. Von PE-Flaschen wird abgeraten. BPA wurde als Weichmacher für Babyflaschen zwar 2011 verboten, aber es gibt weiterhin andere Stoffe, die als Quelle für Mikroplastik dienen können. Und in anderen Dingen, wie Schnuller, Spielzeuge wie Rasseln, Greiflinge, etc. darf BPA enthalten sein.
💡Muttermilch einfach über 200 Inhaltsstoffe enthält, die zum größten Teil noch überhaupt nicht erforscht sind und künstlich gar nicht nachgebildet werden können.
💡Die Vorteile des Stillens überwiegen einfach:
- z.B. Schutz vor Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Adipositas, Brustkrebs, etc. – für beide Beteiligten!
- Die epigenetische frühe Programmierung wirkt nicht nur für den Säugling, sondern hält bis ins hohe Alter an
- Die Sterblichkeitsrate von gestillten Menschen ist ein Leben lang geringer als von Nichtgestillten
- Sie unterstützt aktiv das Immunsystem des Kindes
- Optimale Ernährung, immer perfekt temperiert und dosiert, immer verfügbar
- Doch das Saugen an der Brust werden Kiefer und Muskeln optimal trainiert, die Zahnstellung kann sich natürlich entwickeln
- Das Risiko am plötzlichen Kindstod zu sterben wird gesenkt
- Je länger gestillt wird, desto besser ist die Mutter vor Bluthochdruck geschützt
- Müttersterblichkeit reduziert sich hiermit
- Es wirkt positiv auf die Psyche und hilft somit auch Wochenbettdepression vorzubeugen
- Ganz pragmatisch: Du hast immer und überall die perfekte Nahrung für Dein Kind, nichts anrühren, nichts vergessen zu kaufen – es ist immer da.
‼️Alle Studien kommen zum Schluss: Die Belastung ist gering genug, um weiterhin Muttermilch als beste Nahrung für Säuglinge zu empfehlen. Die Belastung wird auch nicht mit andauernder Stillbeziehung mehr oder gar schädlicher.
Stillen ist Umweltschutz
🌍 Viel wichtiger: Lasst uns doch mehr auf die Umwelt achten, damit noch weniger gefunden wird in Zukunft! Stillen ist nämlich SO wichtig im Umweltschutz! Keine Verpackung, nichts muss hergestellt werden, keine Transportwege, gesundheitliche Vorteile für Stillende und Kinder!
Wenn Dir jemand was anderes erzählen möchte, gerne melden, ich versende die Liste der passenden Studien mit Herzchen!
Literatur und Quellen:
BZgA: Schadstoffe in Muttermilch
Studie zu Mikroplastik in Muttermilch (Engl.)
Stellungnahme Nationale Stillkommission von 2021
Annis bunte Welt, der Wissenschaftsblog mit Artikeln zu Mikroplastik, Säuglingsnahrung, Baby- und Kleinkindprodukte, und vieles mehr