Stillgeschichte: Stillen bedeutet für mich Frustration und Liebe zugleich

Stillhütchen und Zungenband

Ich bin Aline, stille mein erstes Kind (8Monate) seit der Geburt. Meinen Mutterschutz wollte ich bestmöglich nutzen und habe neben dem Besuch eines Geburtsvorbereitungskurses auch mehrere Bücher zu den Themen Geburt, Gender, Wochenbett und Stillen gelesen. Bereits davor war mir klar, dass ich stillen möchte, ziemlich eingeprägt hat sich dabei jedoch der Satz, dass man das Baby bereits bei frühen Hungerzeichen anlegen solle und es bei späten Hungerzeichen (Schreien) eigentlich bereits ‚zu spät‘ sei.

Irgendwie war meine Erwartung, dass unser Baby nach der Geburt entweder von selbst zu meiner Brust findet und anfangen würde zu saugen oder eine Hebamme sofort beim Anlegen behilflich sein würde. Blöderweise passierte beides nicht und erst kurz bevor wir den Kreissaal verließen, also ganze zwei Stunden nach der Geburt, kam die Hebamme noch einmal zu uns geeilt, meinte das Baby müsse jetzt trinken, legte es neben meine Brust und drückte Babys Kopf und meine Brust so lange aneinander bis es endlich anfing zu saugen.

In den nachfolgenden Stunden stillte ich ausschließlich im Liegen und mein Baby ließ dabei immer wieder los. Da es allerdings trotzdem gleich wieder weiter saugte, dachte ich mir dabei nichts weiter. In der zweiten Nacht wollte es jedoch gar nicht mehr andocken und fing schließlich vor Hunger an zu Schreien. Weder von einer Spritze noch von Milch an meinem Finger ließ sie sich so weit beruhigen, das Stillen möglich gewesen wäre und schließlich ließ ich mich zu einem Stillhütchen überreden. Mit dem Hütchen trank sie auch sofort wieder von der Brust und der Kinderarzt wies mich am darauffolgenden Tag auf ein zu kurzes Zungenbändchen hin. Es wurde noch im Krankenhaus, am Entlassungstag, also 3 Tage nach der Geburt, durchtrennt. Wenn ich mich richtig erinnere war es ein kurzer Scherenschnitt. Nachsorge gab es diesbezüglich keine. Das Stillhütchen wurde ich seitdem trotzdem nicht mehr los.

Bis ich die Wiegenhaltung hinbekam dauerte es ein paar Wochen und als endlich mal alles rund lief, brach bei mit unerwartet rheumatoider Arthritis aus. Der Kommentar eines Allgemeinmediziners lautete dazu, ich müsse mich nun zwischen Schmerzen oder Abstillen entscheiden.

Völlig verzweifelt versuchten wir unserem Baby die Flasche schmackhaft zu machen, die es jedoch ebenso wie Schnuller bis heute vehement verweigert. Und damit ging das Schlamassel erst richtig los. Baby verweigerte die rechte Brust und in der Woche darauf die linke Brust. Im Anschluss wollte sie nur noch von mir stehend gestillt werden und das Halten von meinem hungrigen Baby mit fuchtelnden Ärmchen sowie dem Hütchen stellte eine echte Herausforderung da die meistens damit endete, dass wir beide in Milch getränkt wurden. 

Das Anlegen bei frühen Hungerzeichen wollte mein Baby in den seltensten Fällen und manchmal schien es sowieso als hätte sie von einer Sekunde auf die andere, unglaublichen Hunger bekommen. Das löste in mir nicht nur immer wieder Gefühle des Versagens aus, sondern ich versuchte auch Stillen in der Öffentlichkeit so gut es geht zu vermeiden, denn was sollten denn die Menschen denken, wenn sie mich beim Versuch des Anlegens eines bereits schreienden und sich windenden Babys sehen?

Das Stillen Unterwegs ist jedoch weiterhin problematisch und nur an der linken Brust und in einer komplett ruhigen Umgebung ohne Ablenkung möglich.

Der Beikost-Beginn brachte ebenso wieder alles durcheinander und Baby verweigerte das Stillen nun komplett. Sie schrie vor, während und nach dem Stillen und mir kamen dabei jedes Mal die Tränen. Nach zwei Tagen ganz ohne tagsüber Stillen verweigerte sie schließlich den Brei und sind nun mit 8 Monaten wieder bei Großteils Stillen und hin und wieder ein paar Löffeln Brei gelandet.

Für mich ist Stillen nach diesen Monaten sowohl etwas wundervolles, praktisches und gleichzeitig auch etwas frustrierendes und Energie Raubendes. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich schon längst tagsüber abgestillt hätte, würde sie die Flasche akzeptieren. Allerdings bin ich mir auch sicher, dass ich das Stillen ebenso vermissen werde, wenn es schließlich soweit ist und beides ist okay.

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