Name: Nina, zwei Kinder (eins noch nicht geboren, ET im Sommer 24), stille meinen 2,5-jährigen Sohn seit der Geburt und immer noch weiter.
Wenn Du Deiner Stillzeit eine Überschrift geben müsstest, welche wäre es? Entspanntes Langzeitstillen als autistische Mama (?)
➡️ Viele verwenden das Wort Langzeitstillen, aber wie lange dafür schon gestillt werden muss, ist nicht fest definiert. So nutzen es einige für alle gestillten Kinder, die älter als 6 Monate sind, andere erst wenn noch nach dem 1. Geburtstag gestillt wird. Viele Stillende sprechen sich gegen das Wort aus, da es sehr negativ konnotiert ist. Für mich ist es nicht schlüssig, da es ja im Gegensatz auch kein „Kurzzeitstillen“ gibt. Jede Stillzeit sollte normal sein. ⬅️
Was hast Du vor der Geburt über das Stillen gedacht und gewusst? Ich hatte viel gelesen und wusste, dass die allermeisten Frauen grundsätzlich stillen können und dass Stillen gesundheitliche Vorteile für Babys und Mütter mit sich bringt. Für mich war klar, dass ich stillen würde, allerdings freute ich mich nicht darauf. Ich versuchte mich darauf einzustellen, dass das Baby wohl viel Körperkontakt brauchen würde. An sich habe ich nichts gegen Kuscheln, aber ich bin ziemlich schamhaft bei intimen Körperstellen und fand die Vorstellung, ein Baby an der Brust zu haben, befremdlich. Stillen in der „Öffentlichkeit“ konnte ich mir zudem gar nicht vorstellen, weswegen ich mir eine Milchpumpe und Flaschen für unterwegs zulegte. Das Stillen kam mir wegen seiner Vorteile vor wie ein „notwendiges Übel“ und ich nahm mir vor, es zumindest ein Jahr lang zu „ertragen“.
Hast Du Dich vorbereitet, wenn ja wie? Ich habe Informationen gesammelt und Hilfsmittel wie Stillhütchen gekauft. Ansonsten habe ich mal meine Mutter und Schwiegermutter nach ihren Stillzeiten gefragt. Beide sagten, dass sie das Stillen schön fanden, warum habe ich aber nicht verstanden. Ich habe nie Vorbereitungskurse besucht, auch nicht für die Geburt. Vielleicht liegt es an meinem Autismus, dass ich das theoretische Lernen den praktischen Übungen vorziehe, vor allem, wenn andere Menschen involviert sind. Ich bin sogar vor meinem Ehemann immer ein bisschen angespannt und fühle mich in Gruppen sehr unwohl. Generell wollte ich bei Schwangerschaft und Geburt nur meinen Mann und so wenige Menschen wie nötig dabeihaben und meine Privatsphäre so gut wie möglich wahren, deswegen entschied ich mich auch für eine ambulante Geburt im Geburtshaus. Mein Baby war gesund und mir ging es gut, daher vertraute ich darauf, dass mein Körper diese natürlichen Prozesse schon irgendwie meistern würde.
Wie begann Deine Stillgeschichte? Gleich nach der Geburt im Geburtshaus. Diese war zwar sehr schmerzhaft, aber dafür ziemlich schnell und bis auf einen Riss komplikationslos verlaufen. Mein neugeborener Sohn wurde mir, nachdem ihn die Hebamme kurz inspiziert hatte, von dieser auf den Bauch gelegt. Die Hebamme sagte, ich könne den Kleinen jetzt stillen und dass wir noch auf die Plazenta warten müssten, bevor die Geburt wirklich „vorbei“ wäre. Ich war froh, die schlimmsten Schmerzen überstanden zu haben, aber hätte es gerne schon ganz hinter mir gehabt. Trotzdem merkte ich, dass es mich entspannte, den Kleinen auf mir zu haben. Natürlich freuten mein Mann und ich mich sehr über ihn! Kaum lag der Kleine auf mir, rutschte er an mir hoch und fand nach kurzem Suchen die Brustwarze. Mir gefiel diese „Zielstrebigkeit“. Das Stillen tat nicht weh und ich fand es irgendwie sehr niedlich, wie dieser kleine Wurm da saugte und dabei einschlief. Er schien sich wohlzufühlen.
➡️ Direkt nach der Geburt finden auch Menschenbabies ganz von allein die Brust. Dieses erste Suchen und Finden wird auch Breast Crawl genannt. ⬅️
Welche Herausforderungen oder Besonderheiten gab/ gibt es? Mein Kleiner entpuppte sich schnell als Dauernuckler, der vor allem nachmittags in seinen ersten Lebensmonaten bis zu 7 Stunden am Stück an meiner Brust hängen konnte. Das war ziemlich anstrengend, vor allem konnte ich so lange nicht rausgehen und mich nur eingeschränkt bewegen. Meine Nachsorgehebamme sagte, das sei „zu lang“ und empfahl mir, jede Stillmahlzeit auf maximal 45 Minuten zu reduzieren. Ich versuchte es, allerdings weinte mein Sohn dann durchgehend, bis er die Brust wiederbekam. Am Hunger lag es nicht, von meiner abgepumpten Milch im Fläschchen wollte er gar nichts wissen, anscheinend fühlte er sich an meiner Brust einfach am wohlsten.
Wer hat Dir geholfen, Dich unterstützt & wie? Übers Internet habe ich dann vom „Clusterfeeding“ erfahren, und dass das etwas Normales sei. Ich beschloss, es einfach zu akzeptieren, zumal die Dauernuckelphasen mit der Zeit kürzer wurden. Ich versuchte, mich davon weniger einschränken zu lassen und überwand mich, das „öffentliche“ Stillen nicht mehr auszuschließen. Ich lernte z. B., dass ich auch beim Laufen mit Kind im Tragetuch stillen konnte. Außerdem gewöhnte ich mich daran, während des Stillens zu schlafen. Der Kleine kann selbst sogar schlafend weiternuckeln, was ich sehr faszinierend und lustig anzuschauen finde.
Was war Dein schönster, bewegendster Moment in der Stillzeit? Das war kein bestimmter Moment, eher die Erkenntnis, dass ich Stillen wirklich schön finde. Entgegen meiner vorherigen Befürchtungen finde ich es gar nicht peinlich, wo mein Kind da an mir herumnuckelt. Der Kleine genießt meine Nähe und ich mag es auch, ihn bei mir zu haben und fühle mich selten „overtouched“. Im Gegenteil, irgendwie entspannt mich das Stillen auch. Ich fühle mich dabei meinem Sohn wirklich verbunden. Ich liebe ihn so sehr und in diesen Momenten bin ich sicher, dass er das auch spürt. Emotionale Kommunikation mit anderen Menschen fühlt sich für mich meistens nicht natürlich an. Wenn mir etwas wichtig ist, sage ich das und fertig. Ansonsten kommuniziere ich „pflichtbewusst“ so, wie ich es mir von anderen abgeguckt habe. Weil ich das eben tun muss, da es erwartet wird. Ich weiß oft nicht, worüber ich mit meinem Sohn reden soll. Aber er kommt zu mir, sucht meine Nähe und erzählt mir seine Sachen, deswegen denke ich, dass ich da schon etwas richtig mache und dass das Stillen viel dazu beigetragen hat, unsere Verbindung so stark zu machen.
Wie lange magst Du noch stillen? Gibt es ein jetzt schon feststehendes Ende für Dich? Ich habe mich so sehr an das Stillen gewöhnt, dass die selbstgesetzte „Grenze“ von einem Jahr schnell gefallen ist. Danach habe ich keine Neue festgelegt. Mein Sohn „braucht“ die Milch schon lange nicht mehr als Nahrung und verlangt nur noch zum Einschlafen danach, oder wenn er sich aufgeregt hat. Er wird sich selbst abstillen, wenn er nicht mehr möchte. Ich werde die Stillzeit wahrscheinlich sehr vermissen, zumal ich mich nur schwer von „Gewohnheiten“ trenne. Ich bin vor allem gespannt, wie es sich dann mit dem neuen Baby weiterentwickeln wird.
➡️ Das natürliche Abstillalter liegt weltweit zwischen 2,5 und 7 Jahren. ⬅️
Was möchtest Du jeder Schwangeren gerne sagen? Clusterfeeding ist anstrengend, aber ganz normal. Kleine Kinder kuscheln und nuckeln einfach gerne, versucht, es als gutes Zeichen zu sehen, dass sie sich bei euch wohlfühlen.
Was ist Dein Geheimtipp für die Stillzeit? Versucht, in eurer Stillplanung flexibel zu bleiben und sie den neuen Gegebenheiten anzupassen, sonst schränkt ihr euch nur selbst ein.
➡️ Liebe Nina, tausend Dank für Deinen ehrlichen Stillbericht. Ich bin mir sehr sicher, dass sehr viele Frauen davon profitieren werden. 💜