Liebe Ramona, ich hatte mir irgendwann mal vorgenommen, dir was von meiner Stillgeschichte zu erzählen, hab’s aber vergessen gehabt. Ich weis auch gar nicht, ob die so interessant ist. Es gab eigentlich gar keine größeren Hürden oder Stillschwierigkeiten…
Ich hatte mich nicht großartig auf das Stillen vorbereitet, denn ich ging einfach davon aus, dass es ja von der Natur so vorgesehen ist und daher schon klappen würde. Diese Haltung habe ich mir immer bewahrt, wer weiß, wie es sonst geendet wäre…
Genau. Eigentlich musst Du Dich auch auf nichts vorbereiten. Und dennoch – Wissen hilft in so vielen Fällen. Aus 10 Jahren Erfahrung in der Stillberatung kann ich sagen, dass viele anfängliche Probleme vermieden werden könnten, wenn vorher genug Wissen da wäre. Die Basics vermittel ich in meinem Stillvorbereitungskurs OBENRUM FREI.
Ich hatte bei meinem ersten Kind anfangs Probleme, es richtig anzulegen. Bis ich das nach ein paar Wochen gelernt hatte, haben meine Brustwarzen sehr geschmerzt. Meine Hebamme empfahl mir dann Stillhütchen. Ich bin brav ihrer Empfehlung gefolgt und habe die einige Male ausprobiert. Da ich aber den Eindruck hatte, dass das Anlegen damit noch schlechter klappte, mein Baby daran nicht gut andockt, habe ich sie einfach wieder weg gelassen.
Leider werden Brusthütchen ziemlich schnell angeboten oder sogar aufgedrängt, weil „ohne geht es ja nicht“. Anstatt mit einer 1:1 Begleitung individuell zu schauen, was braucht das gerade frisch gebackene Still-Team. Brusthütchen sind prima, wenn sie wirklich gebraucht werden. Zum Beispiel bei einem übersprudelnden Milchspendereflex, bei Frühgebroenen oder kranken Kindern, die noch keinen ausreichenden Unterdruck aufbauen können.
Bei wunden Brustwarzen sind sie eher kontraproduktiv. Die Ursache muss gefunden und beseitigt werden. Durch die Hütchen können die Verletzungen noch schlimmer werden, die Keimbelastung ist erhöht und und und.
Das Anlegen ist auch meist schwieriger und die Milchproduktion kann gehemmt werden. So geht die Milchmenge zurück und das Kind nimmt weniger zu, es muss zugefüttert werden und eine Spirale beginnt.
Es ist ein Hilfsmittel und sollte nur bei einer eindeutigen (medizinischen) Indikation genutzt werden. Hilfsmittel sollten nur unter fachkundiger Anleitung eingesetzt, inkl. Beratung wie sie wieder „abgesetzt“ werden. Denn das fehlt meistens.
Die Hebamme, die ich beim nächsten Kind übrigens nicht wieder gewählt habe, hatte noch mehr Ratschläge zum Stillen für mich, obwohl mein Baby sich völlig normal entwickelte: sie fand, mein Kind mache zu kurze Pausen zwischen dem Stillen und ich müsse das ändern. Ich sollte nach jedem Stillen immer mindestens 60 Minuten Stillabstand bis zum nächsten Mal anlegen einhalten. Wenn es weinte, dann Schnuller geben und nicht ständig herum tragen.
Wir stillen nach Bedarf und nicht nach Zeitplan. Es gibt keine Studien, die belegen, dass es mehr oder weniger Bauchweh gibt, wenn eine Pause von X Stunden eingehalten wird. Kurze Stillabstände hat die Natur selbst eingerichtet. Zum Beispiel beim Clustern. Was Sinn macht, um die Milchproduktion anzukurbeln. Stell Dir vor, Du dürftest nur nach der Uhr essen und trinken. Egal was Du gerade brauchst.
Diese Annahme, ein Baby müsse zu bestimmten Zeiten trinken, kommt tatsächlich daher, dass man (die moderne Medizin um 1800, also weiße Männer) dachte, alles andere sei animalisch und somit schädlich. Und dann hat man sich in der Naz* Zeit gleich gedacht, prima, verwöhnen wir die Säuglinge mal nicht direkt, damit sie schön stark werden.
Der Schnuller ist auch ein Hilfsmittel, was durchaus seine Daseinsberechtigung hat. Mir ist es immer wichtig über seine Nebenwirkungen und den richtigen Gebrauch aufzuklären.
Und wir sind Traglinge, keine Ableglinge. Das Tragen ist als total natürlich und hilft beiden Seiten: Die Eltern haben die Hände frei, sind mobiler. Das Kind erfährt ganz viel Körperkontakt, Beruhigung, es wirkt wie eine passive Bauchmassage, wirkt somit Bauchweh vor, und und und. Es ist definitiv KEIN Verwöhnen.
Unerfahren wie ihr war, hab ich das erstmal so angenommen und versucht umzusetzen. Aber schon nach einem halben Tag war mir klar, dass das nicht richtig sein kann. Es ging gegen meinen Instinkt und offenbar auch gegen den Instinkt meines Kindes! Ich ignorierte also fortan die Ratschläge der Hebamme, stillte nach Bedarf und trug mein Baby den ganzen Tag am Körper.
Happy End.
Mittlerweile stille ich mein drittes Kind im 28. Monat.
💜 vielen Dank für das Teilen Deiner Geschichte! Was ein Happy End und wie toll Du immer Deinem Instinkt vertraut hast! Jede Stillgeschichte ist besonders und erzählenswert! Wenn Du auch Deine erzählen möchtest, schreib mir gern.